Opus Arnoldis
Alexander und Luise schwelgen grade in einer Retrospektive der Achtziger. Insbesondere in Actionfilmen des Schwarzenegger-Oeuvres, wobei wir hier von den gefühlten Achtzigern reden, deren Ausläufer ja bis ungefähr 1992 reichen. Das nehme ich mal zum Anlass, mit einer eigenen Retrospektive die erste Artikelserie dieses Blogs einzuläuten. Denn es gibt wohl keinen Schauspieler, der den Archetyp des Helden in modernen Geschichten so oft dargestellt und nachhaltig geprägt hat wie Arnold Schwarzenegger. Allein der Name schon. Jemand derartig benanntes hat das Zeug zur Ausnahme. Prinzipiell finde ich es nämlich grundsympathisch, wenn jemand trotz (oder wegen?) seines bescheuerten Namens berühmt wird. Auch ein Grund, weshalb ich Gisbert zu Knyphausen oder Ron Sexsmith mag. Und das wird die zweite Artikelserie, wie ich in dieser Sekunde beschlossen habe. Aber alles zu seiner Zeit.
Schwarzenegger also. Aber eine komplette Werkschau werde ich damit ganz sicher nicht vom Zaune brechen. Niemand will etwas über Versprochen ist Versprochen lesen. Und wenn doch, soll er jetzt bitte dieses Buch zuschlagen und sich eine CD von Phil Collins kaufen. Wird ihm sicher gefallen.
Quo vadis?
Ich weiß allerdings noch nicht genau, welche Filme ich im einzelnen besprechen werde. Selbst wenn, würde ich es dann wohl nicht in Bausch und Bogen ankündigen. Wo bliebe denn dann die Aufregung, das gespannte Warten und das Knabbern an den Fingernägeln? Das wäre, als würde man die Kapitel eines Buches mit „Boromirs Tod“ oder „Der Verrat von Bruder Maurus“ überschreiben. So ähnlich wie Mallory in seinem La Morte D’Arthur. Aber wir sind ja zum Glück nicht mehr im 16. Jahrhundert. Oder früher.
So viel sei gesagt: Los geht es mit Total Recall. Verglichen mit dem restlichen Ouevre ein eher reiferes Werk, weil hier allmählich die Drehbücher besser werden. Nichts gegen Phantom Commando oder Herkules in New York, aber die sind bei aller technischen Brillanz dramaturgisch noch ausbaufähig. Insofern kann man bei Schwarzeneggers Filmen der Neunziger – wie eben Total Recall, aber auch Red Heat oder Running Man – wohl von der mittleren Schaffensphase sprechen: Das Werk wird von zeitgeschichtlichen Problemfragen durchdrungen, erreicht aber noch nicht die selbstironische Distanz, mit der Last Action Hero ganz furibunt die arnoldinische Moderne einläutet. Total Recall bietet in dieser Hinsicht eine gesunde Schnittmenge. Außerdem wird hier erstmals mit der “problematischen Identität” ein echtes Leitmotiv des Oeuvres präsentiert, das sich auch in Eraser, Sixth Day, True Lies und Last Action Hero wiederfindet. Die Identitätskrise des Achtziger-Actionhelden in einer Nußschale sozusagen.
Der Goldene Herbst.
Überhaupt sind die mittleren Neunziger der goldene Herbst des Actionfilms: Ein farbenfroher Abgesang mit allen Registern. Dessen Helden sind postsowjetisch ihres identitätsstiftenden Feindes beraubt und darüber ein Stück selbstironischer geworden. Der anabole Körperkult der Kraftmeier wird auf ein gesundes Maß zurückgefahren, und man bevorzugt nun die gesunden Muckies der Zehnkämpfer. Computereffekte stehlen dem Boom-Operator noch nicht die Arbeit und die großen Studios veranstalten mainstreamige Materialschlachten, als gäbe es kein Morgen. Außerdem werden weibliche Figuren endlich ebenbürtig und sinnvoll in die Handlung eingebunden; man denke nur an Terminator II, Speed oder True Lies. Im Unterschied zu heute werden sie dabei aber noch von echten Damen gespielt und nicht von diesen weiblichen Abziehbildern eines bereits angehalfterten Steven Segals. Denn auch wenn ich damit in die kulturpessimistische Kerbe schlage: Der Klassenunterschied zwischen Linda Hamilton und Michelle Rodriguez ist ungefähr derselbe wie zwischen Mary Shelly und Stephenie Meyer. Aber lassen wir es dabei bewenden.
Die Retrospektive ist eingeläutet. Wir sehen uns auf dem Mars. Und bis dahin bleibt die Frage zu klären, ob republikanische Schauspieler sich im Alter gesichtsmäßig annähern.
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