Ein Seitenblick nach Schweden
Ein eingeschobener Blick über die Ostsee, dessen Aufmerksamkeit ich dem Blog von Thomas Knüwer verdanke. Das Phänomen ist zwar schon etwas älter, aber das ändert nichts an seiner Güteklasse.
Die deutsche GEZ gründet bekanntlich ihr Selbstbewusstsein und ihren Erfolg auf Rasterfahndung, Einschüchterung und der Behauptung drakonischer Strafen. Man kann eine Menge darüber im Netz lesen. Aber diese mehr als fragwürdigen Methoden überdecken ja leider immer häufiger den Sinn von Rundfunkgebühren und ihre Aufgabe, eine von wirtschaftlichen Interessen unabhängige Presse zu gewährleisten. Oder zumindest den Versuch, es zu gewährleisten. Ich selbst jedenfalls zahle Rundfunkgebühren aus genau dieser Überzeugung und habe neulich sogar meinen Umzug dort telefonisch angegeben. Die Sachbearbeiterin war sichtlich überrascht und ließ sich zu der Äußerung hinreißen, dass das ja auch nicht jeder machen würde. Aber bei allem Bewusstsein für das Gemeinwesen und die Notwendigkeit der unabhängigen Medien in Form von Rundfunkanstalten und Netz-Mediathek – ein schaler Beigeschmack bleibt. Es ist, als würden die Spenden an die Welthungerhilfe von der Gestapo eingetrieben.
Gebühren im Sonnenstaat
Schweden allerdings ist da eine ganze Ecke weiter. Ich möchte hier nicht in dem Jack-Wolfskin-Rudel der Müslisympathisanten vom Prenzlauer Berg das Wort reden. Dessen sveciaphiler Pathos trägt manchmal derart nationalchauvinistische Züge, dass man sich dem Eindruck eines utopischen Sonnenstaates nur schwer erwehren kann. Aber in diesem Fall haben sich die Erben Ikeas wirklich etwas Tolles geleistet. Während der Schwede als solcher ja den ganzen Tag in angenehm eingerichteten Mittelstandswohnungen Kriminalfälle mit Elchgeschmack löst, hat das Stockholmer Äquivalent der GEZ (die Radiotjänst) den deutschen Spieß einfach mal umgedreht. Während die GEZ jeden lebenden Menschen als potentiellen Gebührenverweigerer an den öffentlich-rechtlichen Pranger stellt und als asozialen Abschaum deklassiert, der irgendwo zwischen Kinderschänder und Giant-Vampire-Hitler rangiert, sagen die Schweden einfach: Danke. Du, Gebührenzahler, leistest einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwesen, und Du, Gebührenzahler, sorgst für eine hochwertige Medienlandschaft. Und deshalb, Gebührenzahler, bist Du ein Held.
Ein Held , der Gutes denkt
Die Umsetzung dieses Gedankens erfolgt in personalisierbaren Videos, für die man nur ein kleines Portrait hochzuladen braucht. Das gab es ähnlich viral schon einmal im Obama-Wahlkampf, aber auch das ändert nichts an seiner Wirksamkeit. Die übermittelte Nachricht ist denkbar einfach, aber eigentlich auch genau die Einstellung, die es zum Gebührenzahlen braucht. Es ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen, hier eine Renaissance des gibran-kennedyschen Diktums zu sehen, demzufolge man ja mal eigentlich fragen sollte, was man für sein Land tun kann, aber es geht in die gleiche Richtung: In dieser Zeit, in dem jedes Handeln nur dem eigenen Vorteil geschuldet scheint und jeder seine hedonistischen Triebe nur zu möglichst billigen Kosten ausleben will, ist jemand, der ans Gemeinwesen denkt, der aus Überzeugung handelt und mit seinem Handeln der Allgemeinheit nutzt, ein Held. Er ist außergewöhnlich, weil er mit seiner Überzeugung gegen die breite Masse antritt.
Danke, Schweden. Danke, Radiotjänst. http://en.tackfilm.se/
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