Total Recall – eine Tragödie in drei Akten
Ist es ein Omen, dass Arnold Schwarzenegger just in dieser Woche sein Amt als Gouvernator niederlegen musste? Es wäre zu hoffen. Jetzt kann er endlich wieder Filme drehen. Zum Beispiel Terminator 4, nur diesmal richtig.
Nun widmen wir uns jedenfalls einem Werk seiner mittleren Schaffensphase. Wie fast alle Filme dieser Welt basiert auch Total Recall auf einer Kurzgeschichte von Philipp K. Dick. Dabei steht er zusammen mit Conan, Stirb Langsam oder Rambo in einer Tradition der gesellschaftskritischen Literaturverfilmungen, deren aktionistische Umsetzung in den Siebziger- und Achtzigerjahren vor allem durch Darsteller wie Schwarzenegger, Willis oder Stallone eine lukrative Blüte erlebte. Verglichen mit Filmen wie Commando oder Predator ist Total Recall also anspruchsvollerer Tobak, aber mit Schmackes.
Und es ist trauriger Tobak. Arnies Trip zum Mars ist bei allen Explosionen, Witzen und Onelinern im Grunde eine sehr tragische Angelegenheit. Wir erleben hier einen Menschen, der sich immer tiefer in narzistische Wahnvorstellungen verstrickt und schließlich auf ganzer Linie scheitert. Weltschmerz, Hybris, Katastrophe. Eben eine klassische Tragödie. Und weil man hier so viel zu erzählen hat, werde ich diesen Beitrag in drei Teilen kurz hintereinander veröffentlichen. Ein klassischer Dreiakter sozusagen.
Der Tragödie erster Teil.
Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft: Die Menschheit hat den Mars besiedelt, der Saturn wird erforscht und die fortschrittliche Technik beginnt allmählich, den Menschen zu ersetzen. Bei den Taxiunternehmen ist es bereits passiert, und man kann nur ahnen, was sonst noch alles atomatisiert wurde. In dieser modernistischen Welt jedenfalls ist Douglas Quaid ein Bauarbeiter vom alten Schlage. Muskelbepackt meißelt er mit seinem Presslufthammer das Fundament einer Welt, die Menschen seiner Art eigentlich gar nicht mehr braucht. Und obwohl er mit einer sehr hübschen Sharon Stone verheiratet ist, träumt Douglas vom Größeren, vom Anderen und Besseren. Etwas an seinem Leben aus eigener Kraft zu ändern, gelingt ihm aber anscheinend nicht. Im Original der Geschichte lautet sein Nachname deshalb auch Quaill, was man sinngemäß mit zögernder Feigling übersetzen kann.
Nur allzu gerne glaubt Douglas also die Anpreisungen im Fernsehen, die Linderung von seinem Weltschmerz verspricht: Die Firma Rekall bietet sogenannte Ego-Trips an, bei denen mithilfe von implantierten Erinnerungen die Illusion des großen Abenteuers geschaffen wird. Das Problem: Als Nebenwirkung treten nicht selten Formen von wahnhafter Schizophrenie auf, bei denen der unglückliche Kunde regelrecht lobotomiert wird. Aber diese Gefahren werden vom der Firma natürlich medienwirksam überspielt. Blizzard Rekall bietet mit World of Warcraft seinen implantierten Erinnerungen eine spielerische Flucht aus der Wirklichkeit, die der Medienhedonist des 21. Jahrhunderts gerne in Anspruch nimmt.
Deshalb schreckt die üble Nachrede vom Realitätsverlust unseren Helden auch nur wenig. Er wünscht sich so sehr den Ausbruch ins Abenteuer, dass er seine wenigen Bedenken kurzerhand beiseite wischt: Weder das fürsorgliche Behüten seiner Frau, noch der gute Ratschlag seines Arbeitskollegen können ihn aufhalten. Im Gegenteil, die Bedenken werden von Douglas als bedrohlich und einengend wahrgenommen. Vielleicht ahnen die beiden Mahner ja bereits, dass sich Douglas in einer Situation befindet, in der die Installation dieses Spieles dieser Erinnerung katastrophale Ausmaße für sein reales Leben haben kann.
Und am Montag erfahren wir, weshalb sie Recht behalten sollten…
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