Der alte Held Sep30

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Der alte Held

Es ist eigentlich müßig, über Verspätungen der Deutschen Bahn zu bloggen. Das machen viele, und ihr Name ist Legion. Oder Stephan Hempelmann. Dennoch werde ich bei manchen Verspätungen romantisch. Gestern zum Beispiel. Da wird am Düsseldorfer Hauptbahnhof ein ICE mit sagenhaften zwei Stunden Verspätung angekündigt. Aus München. Nach Hamburg. Was der wohl erlebt haben mag?

Leider ging der Trek nach Köln schon los, deshalb konnte ich mir das Spektakel seiner Ankunft nicht anschauen. Man stelle sich vor: Ein altes, geschundenes Schlachten-Dampfross schiebt sich in erhabener Gravität durch die Tore des Eisenhafens. Die einstmals glatte Schnauze vernarbt, die Scheiben von Eiskristallen zerfroren. Schlamm klebt am weißen Fesselbehang, das rote Zaumzeug ist verdreckt. Als der alte Haudegen verschnaufend die Nüstern auftut, dampfen die Leute zischend auf den Bahnsteig, allesamt von der Reise gezeichnet, patiniert vom Staub der Straße. Helden der Reise, Reisehelden, hart gemacht von ihrer Prüfung.

Zwei Stunden Verspätung. Vielleicht durch einen Überfall im Raum Frankfurt? Man liest allerorts, dass dort Räuberbanden die Rechtschaffenen ihres Geldes erleichtern. Oder Vieh auf der Strecke durch die oberbayrischen Weiten? Zu dieser Jahreszeit werden immerhin die Ochsen des Hinterlands nach München zur Tränke getrieben, da kann es schon mal zu Ausfällen kommen. Was auch immer ihn aufgehalten haben mag, dieser Eisenwurm hat das Abenteuer gesehen. Und für ihn ist es noch nicht zu Ende. Bis zum Ozean muss der Riese noch.

Und dort? Kein Warten. Die Wartung kostet. Weiter muss er, immer weiter, bis er schließlich ausgebrannt am Wegesrand seine letzte Ruhestätte findet.

Der alte Held

Bild von www.zimmerworld.de

Dort hat er nach Lust und Streiten
Das Panier aufgestellt,
Und die auf dem Strome der Zeiten
Am Felsen vorübergleiten,
Sie grüßen den alten Held.